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Rosa Anschütz im Interview
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Rosa Anschütz im Interview

Manche Musik spricht nicht nur – sie horcht zurück. Rosa Anschütz gehört zu jenen Künstlerinnen, deren Werke erfahren werden wollen. Ihr neues Album „Sabbatical“ ist ein vielschichtiges Geflecht aus Stimme, Synths und Stille, aus Erinnerung und Widerstand, aus Ritual und Reflexion. In diesem Gespräch öffnet Rosa Räume, die sich zwischen Intuition und Kontrolle spannen, zwischen Scham und Selbstermächtigung. Sie spricht über die Kraft, sich mitzuteilen, über das Bedürfnis nach Eigenständigkeit – und über die Entscheidung, die eigenen Worte nicht aus der Hand zu geben. Ein das Vertrauen in den eigenen Klang und das, was bleibt, wenn man sich selbst begegnet.

  • „Sabbatical“ entstand über viele Jahre – was war der Moment, in dem du wusstest: Jetzt ist es vollendet?

Das kam mit dem letzten Song, „Swan Song“. Es basierte auf einem Ereignis, dass sich sehr in die Kette von Themen auf „Sabbatical“ eingegliedert hatte.

Die Zusammenstellung der Tracks und ihre Abfolge ist sehr bedacht.

  • Wie hat sich dein Verhältnis zu den Songs verändert, die du für das Album neu aufgenommen hast – „Plaster Copy“ und „Watch Me Disappear“?

Ich war überrascht von ihrer andauernden Aktualität und es hat mich auch dazu bewegt zu überdenken, wieso sie immer noch relevant sind. Das war die Idee des Sabbatical Begriffs, sich der Vergangenheit zuzuwenden und die wirklich komplexeren Beziehungen zu durchleuchten.

Ich denke ich habe mich aber mittlerweile ganz gut daraus wieder gewunden.

  • „Eva“ wirkt wie ein innerer Monolog, ein Ritual. Wer ist Eva für dich – eine Figur, ein Spiegel, ein Teil von dir?

„Eva“ steht am Anfang des Albums wie eine Hymne und geht mit einem langen Echo in das Album hinein. „Eva“ stand für mich für einen sehr weit gefassten Begriff von Weiblichkeit und der Zerrissenheit über die eigene Identität.  In „Eva“ entsteht eine dunkle, Angstgezeichnete Stimmung und Umschreibung einer Welt, in der sich die Protagonistin selbst verliert, wenn sie nicht beginnt sich mitzuteilen, zu sprechen.

  • Du singst in „Double Cross“ (meinem persönlichem Lieblingssong) von Vergebung, Spiegelung und Ewigkeit – fast wie eine Stimme, die größer ist als das Ich. Spielt Spiritualität für dich eine Rolle in deiner künstlerischen Arbeit, oder ist das nur Projektion von außen?

Ich bin kein spiritueller Mensch, aber ich glaube an Zufälle und oft erkenne ich Muster in Kreisen von Ereignissen. Dieser Zustand, sich den Lauf der Dinge eben nicht erklären zu können, ist manchmal kaum auszuhalten. Aber ich glaube, dass es manchmal genau diesen Druck braucht, um selbstständig, frei von Glauben an jegliche Religion oder Spiritualität zu handeln.

  • Du beschreibst in „Swan Song“ ein Ich zwischen Scham und unterdrückter Liebe. Wie gelingt es dir, solche Zustände musikalisch zu halten, ohne sie zu erklären?

Das stimmt nicht mit unterdrückter Liebe, also nicht zwangsläufig, es sind ja nun öffentliche Lyrics, die soll man interpretieren können, wie man mag.

  • Du arbeitest mit modularen Synths, analogen Instrumenten und deiner Stimme als Klangkörper. Wie entstehen bei dir Klangräume – intuitiv oder konzeptionell?

Intuitiv

  • Was bedeutet dir der Begriff „DIY“ heute – nach all den Jahren zwischen Selbstproduktion und künstlerischer Selbstermächtigung?

Es gibt etwas wie DIY nicht in meinem Schaffen, weil ich in gewollten Abhängigkeiten zu meinem Label, Bookern, Co Produzenten, Mitmusikerinnen sehe. Ich möchte auch nicht DIY arbeiten, es braucht immer mehrere Menschen.

Klar stehe ich hinter dem künstlerischen Prozess, da es auch für mich etwas sehr Befremdliches ist, dass in anderen Musikprojekten Songs von jemandem anderen geschrieben werden. Solche Anfragen hatte ich auch bereits, aber ich möchte meine Worte, vorerst bei mir behalten.

  • Gibt es Momente, in denen du dich selbst in deiner Musik verlierst – oder ist sie für dich eher ein Ort der Kontrolle?

Kontrolle ist ein gutes Stichwort, die ist mir sehr wichtig.

In der Musik ist es mir möglich Dinge für mich einzuordnen, die ich sonst vielleicht schwierig finde gänzlich zu artikulieren. Manchmal sind meine Texte aber auch ganz fiktiv und lassen eine Ort entstehen.

  • Deine Musik verweigert sich der schnellen Einordnung. Was bedeutet dir diese Widerständigkeit – auch im Kontext von Streaming und Algorithmus?

Dem Streaming bin ich leider wie alle anderen auch ausgeliefert und er spielt mir nicht unbedingt positiv zu, da es Tracks gibt, die dadurch andere verdecken.

Dass die Welt aus so vielen Schemen und Zahlen besteht, nimmt manchmal wirklich den Zauber aus vielen heraus. Streaming könnte, wenn man es nicht komplett abschaffen kann, etwas Spiritualität gebrauchen oder Karma.

Ich werde weiterhin die Musik produzieren, die ich auch selbst gerade hören möchte.

  • Wenn Du einen Wunsch in der Musikindustrie frei hättest – welcher wäre  es?

Das macht keinen Sinn.

Aber vielen Dank für das nette Interview.

*** Ich habe zu danken


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