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Ellereve – über Crawl und Albumvorstellung
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Ellereve – über Crawl und Albumvorstellung

Ellereve schöpft aus den Tiefen von Post-Metal, Doom und geschwärzten Klangtexturen – und taucht dabei kompromisslos in die Komplexität menschlicher Emotionen ein. Ihre Musik bleibt dabei stets durchdrungen von einer düsteren, cineastischen Essenz, die Ellereves klangliche Handschrift unverwechselbar macht.

Hinter dem Projekt steht die Multiinstrumentalistin Elisa Giulia Teschner, die inmitten der majestätischen Alpenkulisse bei Innsbruck lebt. Dort formt sie einen Sound, der von intensiver Innerlichkeit und sehnsuchtsvoller Weite geprägt ist – wie ein Echo zwischen Fels und Nebel, zwischen Verletzlichkeit und Stärke.

Die leisen Töne sind oft die eindringlichsten!

Mit „Crawl“ taucht Ellereve mitten ins Herz der Dunkelheit. Der Song ist eine düstere Reise durch innere Abgründe – ein langsames, beinahe lautloses Versinken in die Schatten der eigenen Seele. Laut Ellereves eigener Beschreibung ist „Crawl“ die klangliche Verkörperung dieser Schwere: melancholische Synths, donnernde Drums und schwere Gitarren schaffen eine Atmosphäre, die nicht schreit, sondern sich wie ein Flüstern um das Herz legt – und dortbleibt.

Die Lyrics spiegeln eine tiefe emotionale Zerrissenheit wider, einen kraftvollen Kontrast zwischen Hoffnung und Verzweiflung. Schweigen wird zur Qual, zur lauten inneren Stimme, und das Unaussprechliche nähert sich wie ein Schatten, der alles mit sich reißt. Es geht um Angst – um das Gefühl, von etwas Unsichtbarem verfolgt zu werden, das sich tief in die Seele gräbt. Die Wiederholung einzelner Zeilen verstärkt das Gefühl von Ausweglosigkeit und innerer Erschöpfung.

Musikalisch unterstreicht Ellereve diese Stimmung mit langsamen, eindringlichen Rhythmen und einer fast geisterhaften Produktion. „Crawl“ ist kein Song, den man einfach hört – man durchlebt ihn.

Diese emotionale Tiefe wollte Ellereve auch visuell erfahrbar machen. Im Gespräch erzählt sie: „Ich wollte im Musikvideo bewusst einen Kontrapunkt setzen zu dem, wie sich „Crawl“ für mich anfühlt – zu jener Stimmung, in der der Song entstanden ist und die ich musikalisch übersetzt habe. Im Bild ist der Kampf greifbar und sichtbar, während in der Musik Finsternis und Aussichtslosigkeit mitschwingen.“

Was sich musikalisch wie ein innerer Kampf anfühlt, hat auch einen persönlichen Ursprung:

„Es geht um die eigene Dunkelheit, um jene Melancholie, die wir alle in unterschiedlicher Gestalt in uns tragen. Manchmal drängt sie sich nach vorn, gewinnt Überhand, bis man sich ihr beinahe ergibt. Dann legt sie sich schleichend wie eine unsichtbare Last auf Herz und Schultern, schwer genug, um selbst den Atem zu beschweren. Doch „der Kampf“ beginnt genau in dem Moment, in dem man sich aus dieser Schwere befreien will – wenn man sich gegen das Einsinken in die Dunkelheit auflehnt und beginnt, nach Licht und Klarheit greifen.“

Dass „Crawl“ nicht nur musikalisch, sondern auch visuell eine Herausforderung war, zeigt sich besonders in der Entstehung des Musikvideos:

„Ohja! Damit meinte ich vor allem die Unterwasser-Szenen. Wir haben das total unterschätzt. Im September letzten Jahres haben wir an einem Bergsee in Bayern gedreht und waren tatsächlich der Überzeugung, wir könnten bei den doch frischen Temperaturen eine Weile unter Wasser bleiben. Als dann die erste Fallszene vom Boot ins Wasser angestanden hat und wir tatsächlich hineinsprangen, gab es leider keine Möglichkeit, unten zu bleiben. Es war, als würde der ganze Körper nur schreien: „Raus hier – aber schnell!“ So dickköpfig wie ich bin, wollte ich es trotzdem noch ein zweites Mal versuchen, aber keine Chance – es war einfach zu kalt. Ziemlich enttäuscht über den nicht vollendeten Abschluss mussten wir also abbrechen und den Dreh für die letzte Szene verschieben.

Davon abgesehen war es auch eine absolute Herausforderung, überhaupt auf dem Wasser zu drehen. Der Kameramann musste auf ein zweites Boot – Boote treiben, Lichtverhältnisse verändern sich und so weiter. So viele Faktoren, die das Ganze erschweren. Im Mai 2025 war es dann endlich wieder wärmer und wir drehten die Unterwasser-Szene nach. Aaaaaber – wirklich warm war mir dabei auch nicht, denn ein Bergsee ist und bleibt ein Bergsee und damit kalt. Und wenn man ungefähr 20–30-mal auf verschiedenste Arten ins Wasser fällt, im Wasser treibt und zwei Stunden lang mit einer in Tücher gewickelten Person kämpft, friert man trotzdem, haha.“

  • Albumvorstellung: „Umbra“ | VÖ: 07.11.2025

Am 7. November stellt Ellereve ihr zweites Album „Umbra“ vor – eine unerwartete, kraftvolle Hinwendung zu schwereren klanglichen Gefilden. Während das Debüt „Reminiscence“ die Zuhörer in eine introspektive, fragile Welt entführte, taucht „Umbra“ tief in kathartische Extreme ein: monumentale Post-Metal-Wände, düstercineastische Passagen und Momente zerbrechlicher Schönheit existieren nebeneinander und formen Ellereves bislang intensivstes und dynamischstes Werk.

Mit „Umbra“ hat die Künstlerin ein Album geschaffen, das nicht tröstet, sondern herausfordert. Es ist ein stiller Schrei – eine Einladung, sich den Schattenseiten der eigenen Gefühlswelt zu stellen, ohne sie zu verdrängen. Schmerz, Angst, Verlust und innere Zerrissenheit werden nicht als Schwäche dargestellt, sondern als integraler Teil der menschlichen Erfahrung.

Ellereve öffnet mit „Umbra“ einen Raum für radikale Ehrlichkeit – atmosphärisch dicht, emotional aufgeladen und musikalisch kompromisslos.


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