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Velatine
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Velatine

Velatine aus Melbourne, Australien, ist ein etabliertes Projekt, das am Rande der Darkwave-, Coldwave- und Gothic-Szene angesiedelt ist. Der australische Produzent und Komponist Loki Lockwood verleiht diesen Genres einen einzigartigen und frischen Sound, der auf faszinierende Weise mit der dunklen Ästhetik harmoniert.

„Ich fühlte mich schon immer von der dunklen Seite angezogen“ – Loki Lockwood

Um diese kreative Mischung noch weiterzuentwickeln, verbindet Velatine geschickt Elemente aus Gothic, Industrial, Cinematic und Post-Punk und fügt sie in eine Art „schräges Pop-Format“ ein, das bewusst nicht in eine Schublade passen soll: „Da wir wirklich nicht in eine bestimmte Kategorie passen wollen, werden Velatine weiterhin neue Wege erkunden – das liegt in unserer Natur. Die anspruchsvolle Natur der Musikwelt bedeutet, ständig neue Inhalte zu schaffen, was eine steile Lernkurve ist. Aber jetzt, da wir in der Lage sind, unsere eigenen Inhalte zu produzieren, inklusive vollständiger Videoclips, zahlt sich das auf vielen Ebenen aus. Es ist viel einfacher, so auszusehen, wie wir klingen, und das ist ein großer Vorteil.“

Loki Lockwood betrachtete Velatine stets als ein Projekt mit weiblichem Gesang. Denn wenn es um Musik geht, ist er ziemlich wählerisch. Darum sind seine intensiven Stücke stets voller Magie, gerade wenn Frauen ihre Stimmen der Musik widmen: „Mit meiner Musik möchte ich zeigen, wie großartig Frauen in der Musik sind. Alle meine engsten Freunde sind Frauen, und meine Partnerin ist die unglaublichste Frau – so stark, schön und inspirierend, dass ich unendlich glücklich bin. Meine Beziehung zu Frauen ist ein zentraler Bestandteil meines Lebens, und das prägt auch meine Perspektive und meine Kunst auf besondere Weise.“

Ende 2021 entschied er sich, die Zusammenarbeit mit der Sängerin Maggie Alley zu vertiefen, was schließlich im Februar 2023 zur Veröffentlichung des Albums „I Won’t Be Civilised“ führte. Den Großteil des Jahres 2023 widmete Loki dem Schreiben neuer Songs. Dabei wurde ihm bewusst, dass die Entscheidung, Velatine vorerst in einer flexiblen, offenen Struktur zu belassen, zahlreiche kreative Vorteile bot. Die Zusammenarbeit mit verschiedenen Sängerinnen brachte (bescherte) eine Vielzahl inspirierender Impulse und ermöglichte es Velatine, sich auf eine viel organischere und vielseitigere Weise weiterzuentwickeln. Im Laufe der Zeit folgten weitere Veröffentlichungen mit äußerst talentierten Künstlerinnen, wie der australisch/finnischen Komponistin Inga Liljeström, Barb Dwyer, Sasha Tyler und Nocturna.

Obwohl es der ursprüngliche Plan war, mit verschiedenen Sängerinnen zusammenzuarbeiten, lernte Loki auf einem Konzert im Jahr 2023 Nocturna kennen und erkannte in ihr das große Potenzial, nach dem Velatine suchte. Von ihrer dunklen, rätselhaften und elektrisierenden Stimme, sowie ihrem kühnen Sinn für Selbstdarstellung war er sofort beeindruckt. Daraufhin begann er, musikalische Ideen mit ihr auszutauschen, was schließlich zur Aufnahme ihres ersten Songs mündete. Die Zusammenarbeit entwickelte sich weiter, und er entschied, dass es besser sei, einige der anderen Songs zu veröffentlichen, an denen er bereits gearbeitet hatte – darunter „Fck You All“, „That’s All I Want“ und „Cities in Dust“.

Auszug aus dem Musikkatalog von Velatine

  • Till Death We Do Art (Vocals: Nocturna)

„Till Death We Do Art“ beschreibt den ewigen Kreislauf kreativer Menschen – Höhen und Tiefen, die sie durchleben, um ihrem Schicksal zu folgen. Es ist ein Leben voller Leidenschaft, Sucht nach Verbesserung und dem Drang, das eigene Werk zu teilen. Trotz Zweifel und Rückschlägen treibt die Suche nach dem Sinn sie weiter voran. Manchmal scheint alles verloren, doch kleine Ideen blitzen auf und erinnern daran, dass der Zyklus immer wieder von Neuem beginnt.

Dieser Song ist Ksenia gewidmet, einer Malerin aus der Ukraine, die Velatines Musik mit ihrer Kunst auf Instagram geteilt hat – lange bevor Velatine in diesem Bereich aktiv wurden. „Dadurch habe ich sie ein wenig kennengelernt. Als Australierin, die in einem Land weit weg vom Konflikt lebt, war es das erste Mal, dass ich jemanden kannte, der mitten im Krieg lebt. Die allgegenwärtige Bedrohung, die Unterbrechung der Normalität, die wir hier für selbstverständlich halten, und der Verlust ihres Geliebten ließen mich oft an sie denken. Wenn ich keine Nachrichten von ihr sah, schaute ich nach, ob sie noch am Leben war.“

Dieses Lied wurde größtenteils vor all dem geschrieben, doch der Refrain war unvollständig. Eines Tages schaute Loki nach, wie es Ksenia erging, und folgender Insta-Tagg fiel ihm ins Auge: „Till Death We Do Art“ – das fehlende Stück, welches die Emotionen des Songs so gut zusammengefasst hat. „Ich hatte diese Worte schon einmal auf ihrer Seite gelesen, doch diesmal sah ich sie in einem neuen Licht. Ich wusste sofort, wo sie hingehörten. Alles fügte sich zusammen, und die letzten Zeilen, „…wir sind vom Krieg erschüttert und sorgen uns um sie alle“, sind für sie.“

Demnach ist „Till Death We Do Art“ für die Kreativen dieser Welt – den niemals endenden Kreislauf, den ein Kunstschaffender durchlaufen muss, die Höhen und Tiefen, die zu ertragen sind, um dem Schicksal zu folgen, bis er nicht mehr ist.

  • Granulated Sky (Vocals: Nocturna)

Der Song erzählt die traurige Geschichte von Bridget, die an einem scheinbar normalen Tag eine Entscheidung trifft, um ihrem Leben zu entkommen. Sie ist belastet durch den Verlust ihres Ehemanns, der lange weg ist und eine Affäre hatte, sowie durch die schwierige Beziehung zu ihrer alkoholkranken Mutter. An diesem Tag verschwindet sie in den Nebel, der symbolisch für ihre Verwirrung und inneren Konflikte steht. Das wiederkehrende Bild des „Granulated Sky“ (körniger Himmel) unterstreicht die unklare, chaotische Stimmung. Am Ende verlässt sie alles und verschwindet in der Dunkelheit, auf der Suche nach einem Neuanfang.

  • „Orange to Black“ (Vocals: Nocturna)

Der Song beschreibt eine düstere Auseinandersetzung mit dem Tod und dem Warten auf das Ende. Es handelt von einem eisigen Wind und die Nähe zum Tod, während die Protagonistin an den Toren des Nichts steht und die Gedanken über das Verblassen und die Vergänglichkeit des Lebens reflektiert.

  • Fck You All (Vocals: Barb Dwyer)

„Fck You All“ thematisiert die Frustration, die mit dem Beruf des Musikers verbunden ist, insbesondere das Gefühl der Unsichtbarkeit. Dieses Gefühl kann häufig zu Drogenmissbrauch und psychischen Belastungen innerhalb der Branche führen. Die zentrale Botschaft besteht darin, dass Musikschaffende lernen müssen, für sich selbst zu schreiben. Denn wenn deren Musik auf positive Weise andere beeinflusst, ist das eine erfreuliche Entwicklung.

  • Nothing To Do With You! (Vocals: Inga Liljeström)

Der Song handelt von einer Person namens Jane, die trotz schwieriger Lebensumstände stark und unabhängig ist. Sie hat sich von ihrem Umfeld abgekapselt, ihre eigenen Wege gesucht und einen Neuanfang gewagt. Der Text zeigt Bewunderung für ihre Stärke und ihren Mut, sich selbst treu zu bleiben, auch wenn sie missverstanden wird. Das Lied drückt auch das Loslassen und Akzeptieren aus, dass Jane ihren eigenen Weg geht, unabhängig von den Erwartungen anderer. Insgesamt ist es eine ehrliche Reflexion über das Scheitern, das Loslassen und die Kraft, die in der Selbstbestimmung liegt.

„Ich schrieb diesen Song mit der Idee, dass die Zuhörenden sich selbst in dieser Geschichte wiederfinden, gerade weil die Geschichte darüber erzählt, dass man allen Widrigkeiten zum Trotz erfolgreich werden kann.“ – Loki Lockwood

  • I Won’t Be Civilised (Vocals: Maggie Alley)

Die titelgebende Leadsingle des Albums „I Won’t Be Civilised“ (2023) vermittelt eine kraftvolle Botschaft der Befreiung, Selbstbestimmung und Individualität. Er beschreibt den Wunsch, gesellschaftliche Erwartungen hinter sich zu lassen, wild zu sein, das Leben in vollen Zügen zu genießen und sich nicht kontrollieren oder zähmen zu lassen. Es geht um das Streben nach Freiheit, Unabhängigkeit und Selbstakzeptanz, wobei die Person sich selbst treu bleibt und sich nicht von anderen einschränken oder definieren lassen möchte. Zusammenfassend ist es eine Feier des freien Geistes und der eigenen Identität.

„Bei „I Won’t Be Civilised“ ging es wirklich um die Freiheit, sich selbst auszudrücken, insbesondere aus der Sicht einer Frau.“ – Loki Lockwood

  • That’s All I Want (Vocals: Maggie Alley)

Der Song „All I Want“ drückt eine Sehnsucht nach Einfachheit, Ruhe und Entspannung aus. Die Lyrics beschreiben den Wunsch nach einem ruhigen Ort, an dem man dem Trubel der Stadt entfliehen kann – ein gemütliches Zimmer mit Blick aufs Meer, eine Zigarette, ein Buch oder einfach nur das Gefühl, in der Natur zu sein. Es geht um das Bedürfnis, dem Alltagsstress zu entkommen und sich auf die kleinen, aber bedeutungsvollen Dinge zu konzentrieren, wie das Atmen der frischen Luft, das Träumen und das Genießen des Moments. Der Text betont auch, dass es manchmal wichtiger ist, sich von materiellen Dingen zu lösen und die einfachen Freuden des Lebens zu schätzen, wie das Spaziergehen unter den Sternen oder das Anstoßen auf die Gesundheit. Insgesamt (schlussendlich/ gesamthaft – auch hier wieder insgesamt) vermittelt das Lied eine ruhige, friedliche Stimmung und den Wunsch nach innerer Ruhe und Auszeit.

  • Cities in Dust (Siouxsie and the Banshees – Cover / Vocals: Sasha Tyler)

„Cities in Dust“ ist im Original ein Song von Siouxsie and the Banshees aus dem Jahre 1985, der Bilder von Zerstörung und Verfall heraufbeschwört; inspiriert von der antiken römischen Stadt Pompeji, die unter Vulkanasche begraben wurde.

Warum Loki Lockwood den Song covern wollte, erzählt er selbst: „Als Kind war ich von Pompeji fasziniert. Ich stellte mir zunächst vor, dass die Überreste konservierte Leichen seien. Später erfuhr ich, dass es sich tatsächlich um Gussformen handelte. Dennoch begann mein Interesse am Tod bereits in jungen Jahren. Was die Banshees betrifft, so bin ich ein großer Fan. Über einen längeren Zeitraum hinweg habe ich lediglich einige hundert Alben in iTunes gehört. Es war einer ihrer Songs, den ich bisher nicht besaß, und als ich zu Spotify wechselte und ihn hörte, kam mir sofort der Gedanke, ihn zu covern. Es ist sehr einfach, in der Musikszene abgetan zu werden, doch sehe ich Velatine als eine Art Weiterentwicklung der frühen Gothic-Ära, experimenteller und innovativer dazu. Ich habe das Projekt genutzt, um eine klare Definition dessen zu entwickeln, worum es bei Velatine geht, um uns dem Gothic des 21. Jahrhunderts zugänglicher zu machen. Ich bin der Überzeugung, dass dies ein gewisses Verständnis gefördert hat. Alle Erfahrungen und Schritte sind dabei wie Trittsteine auf unserem Weg.“

Velatines Liebe zur dunklen Seite der Musik spiegelt sich in der intensiven, magischen Atmosphäre wider, die er durch die Zusammenarbeit mit talentierten Sängerinnen erschafft. Das Projekt besticht durch einfühlsames und authentisches Storytelling, das die Hörenden direkt anspricht und sie in die erzählten Geschichten eintauchen lässt. Die Erzählungen sind dabei stets lebensnah und glaubwürdig, da sie aus echten Erfahrungen und Alltagssituationen stammen. Dadurch entsteht eine besondere Verbindung zwischen den Geschichten und den Zuhörenden, die sich leicht darin wiederfinden können. Hierbei gelingt es Velatine, emotionale Momente einzufangen und auf eine eindringliche Weise zu präsentieren, die sowohl berührt als auch zum Nachdenken anregt. Ihre Fähigkeit, persönliche Erlebnisse so zu schildern, macht ihre Musik besonders authentisch, eindrucksvoll und gar wunderschön düster.

Mit Coverversionen wie „Cities in Dust“ und tiefgründigen Songs wie „Till Death We Do Art“ zeigt Velatine, dass es um mehr geht als nur Musik – es ist eine künstlerische Reise, die ständig neue Wege erkundet und dabei stets die dunkle Ästhetik mit innovativen Ideen verbindet. Generell ist Velatine ein vielversprechendes Projekt, das die dunkle Szene des 21. Jahrhunderts neu definiert und dabei stets offen für kreative Experimente bleibt.


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