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Alanis Morissette – Such Pretty Forks In The Road
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Alanis Morissette – Such Pretty Forks In The Road

Mit drei Jahren wusste Alanis Morissette, dass sie Sängerin werden wollte. Doch, dass sie seit 1995 zu den einflussreichsten Singer/Songwriter*innen und Musiker*innen der Welt zählt, hätte sie wahrscheinlich auch nicht gedacht. Stets wird ihre Musik hochgelobt, zurecht, denn ihre Musik geht unter die Haut und tiefer.

Als Katy Perry noch eine kleine unbekannte Rock-Röhre war, bevor sie zur Zuckerpuppe der Pop-Industrie wurde, coverte sie „Ironic“ (Nie veröffentlicht!). „Ironic“ ist der Breakthrough Song, mit dem Alanis Morissette berühmt wurde. Das bedeutende Album „Jagged Little Pill“, welches den Überhit enthält, feiert diesjährig das 25ste Jubiläum. Dieses Album ist genauso zeitlos und gegenwärtig beständig, wie vor 25 Jahren.

Nachdem Chester Bennington von Linkin Park verstarb, wurde 2017 ein Memorial-Konzert in Ehrung an ihn veranstaltet. Zu dem Alanis Morissette ebenfalls einen Beitrag leistete und nur in Begleitung eines Pianos ein emotionales „Rest“ sang. Dieser Song sowie ihr Gesichtsausdruck, ebenso ihre Haltung sprachen ihre Trauer über einen Mann aus, der so viel gab und elendig fehlt.

Jener Ausdruck ist in ihrem neunten Studioalbum „Such Pretty Forks In The Road“ in ihren Songs spürbar, ohne sie dabei zu sehen. Ihre Stimme und die instrumentale Begleitung sprechen für sich. „Such Pretty Forks In The Road“ ist ein balladenhaftes Meisterwerk geworden, welches sie zusammen mit Mike Farrell geschrieben hat, das Gänsehaut verursacht. Wahrscheinlich schloss sie beim Entstehungsprozess ihre Augen und gab ihren Worten freie Entfaltung sowie sich ihren Emotionen hin. Sie kehrt mit diesem Album quasi ihr Innerstes nach außen.

Kein Ruhm kann einem die Sicherheit ersetzen oder Selbstvertrauen geben. Wie zart und zerbrechlich Alanis Morissette ist, zeigt sie mit ihrem neuen Werk, welches auf einer expressiven Ebene gebaut worden ist. Trotzdem strotzt es von Kraft und vor allem von Mut. Man fühlt mit ihr.

Der Opener „Smiling“ wurde für das „Jagged Little Pill“ – Musical geschrieben. Es ist der erste Akt davon und es geht darum den Schein zu wahren, stark zu bleiben sowie es auch zu können. Den Druck in der Mutterschaft und im Alltag auszuhalten.

Das Lied „Ablaze“ handelt von Familiensinn und Ungeliebtsein, obwohl Liebe da ist, die immer vorhanden sein wird. Alanis Morissette schrieb es für ihre Kinder und welche Mission ihre ist. Es ist die, die ihren Kindern das Feuer in den Augen entfacht.

Wütend wird es in „Reasons I Drink“. Es spiegelt die auffangenden Arme des Alkohols wider. Der tragende Klang des Pianos zieht sich durch den gesamten Track. Die schlagenden Drums geben die Impulse, dass wütend sein ok ist. Ihre prozessierende Stimme ist eine Umarmung für die Seele wie für manche der Alkohol.

„Missing The Miracle“ ist ein Song über ein Beziehungsende. Ein Jeder, der sich in Beziehung befindet, fechtet Kämpfe aus, bis das Gefühl des Scheiterns auftaucht und der Zauber der Liebe schwindet.

Ein melancholisches Stück ist „Losing The Plot“, welches trotz des Tunnels Licht und Zuversicht bietet. Hierbei besingt Alanis Morissette ihre Wochenbettdepression sowie ihr zielloses Verhalten.
Auf dem Album befindet sich eine Thematik, die Alanis Morissette nicht unbesungen lässt: das Patriarchat und die Stellung von Frauen in der Musikbranche. Mit „Reckoning“ wird deutlich, was sie davon hält, wie mit ihr umgesprungen wurde.

Einen sentimentalen Abschluss mit orchestralem Hintergrund vollendet das Album durch „Pedestal“. Hierbei ist der Aufbau des Songs so wunderbar gefühl- und kraftvoll, sodass der Abschluss eine Symphonie des härtesten Kampfes fühlbar macht, dem Kampf mit sich selbst.

Mit „Such Pretty Forks In The Road“ hat Alanis Morissette ihre Seele den Hörern offenbart. Eine gelungene Aufnahme der seelischen Aufarbeitung.