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Interview mit Alex Mayr
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Interview mit Alex Mayr

Foto: Yannic Pöpperling

Alex Mayr ist keine Unbekannte – vielleicht habt Ihr Sie im Vorprogramm von Sophie Hunger gesehen, ihre Vocals bei Casper, oder ihr Klavierspiel bei Dagobert gehört.  Sie hatte es im Business nicht leicht, kämpfte ins Unermessliche für ihre musikalische Liebe und Herz. Dann aber reichte ihr Konstantin Gropper aus dem Hause „Get Well Soon” die Hand und zog sie hoch. Er zeigte ihr die Wolken – wie schön sie doch sind. Alex Mayr schöpfte wieder Mut und Kraft, atmete die Musik nochmal tief ein und begann wieder zu fliegen. Und für Female Voices stand sie Rede und Antwort.

  • Du widmest Dein Herz sowie Deine Seele der Musik. Dein Weg war bis zum Kennenlernen von Konstantin Gropper steinig. Du hast aber nicht aufgegeben. Nach all den Kämpfen frage ich mich, was hat Dich letztendlich aufrechterhalten sowie ermutigt weiterzumachen? Zumal Du auch wirklich keine Lust mehr hattest, was auch verständlich ist. 

Lust hatte ich immer. Es ist eher eine Frage der mentalen Kraft und Stärke, zumal ich nie mit einem übermäßig starken Selbstwertgefühl ausgestattet war. Ständiger Geldmangel und ausbleibende Anerkennung, keinen Platz finden in der Musikwelt- irgendwann fühlt man sich wie ein Nichtsnutz und scheinbar alles spricht dagegen, dass das der richtige Weg sein soll. Aber erstens kann ich nicht anders. Ich werde immer Musik machen müssen, weil ich so mein Leben verarbeite. Andere schreiben Tagebuch, lassen ihre Aggressionen beim Sport raus oder andere Dinge. Ich schreibe eben Songs.

Zweitens weiß ich inzwischen, wie viele Faktoren stimmig sein müssen, damit man erfolgreich wird und ich weiß auch, dass ich diese nicht alle in der Hand habe. Manches ist eben auch eine Art Glücksspiel. Ich sehe das Ganze mittlerweile als persönliche Herausforderung an, manchmal ist es ein Kampf, an dem ich jedoch sehr wachse. Widerstände überwinden heißt eben auch stärker werden. Und das fühlt sich gerade extrem gut an!

Und: Ohne Konrad an meiner Seite wäre ich nicht so stark geworden. Mit ihm mache ich die Band ja schon immer zusammen. Er stärkt mir den Rücken seit ich denken kann und ist derjenige, der immer an mich und unsere Musik geglaubt hat. Das ist unglaublich.

Foto: Yannic Pöpperling
Konrad und Alex
Konrad & Alex
  • Und wie hast Du zu Deinem Glücksbringer und Produzenten gefunden?

Kennengelernt haben wir uns über Markus Ganter, meinen ehemaligen Bassisten aus Studientagen, der hat mit Konstantin zusammen das Album Hinterland von Casper produziert, bei dem ich einen Teil beitragen durfte. Später haben wir beide dann an einer Dagobert Platte mitgearbeitet. Irgendwann hat Konsti mich dann gefragt, ob ich nicht mal bei seiner Band Get Well Soon mitspielen könne. Somit war ich dann immer öfter mit ihm unterwegs. Wir haben uns über die Zeit viel über Musik und Sound ausgetauscht. Anfangs habe ich mich nicht getraut ihm Demos zu schicken, aus Ehrfurcht oder was weiß ich warum.  Irgendwann jedoch war ich mit der aktuellen Situation so unzufrieden, die Songs waren fertig, hatten aber noch nicht den Feinschliff. Schließlich habe ich ihm doch mal was geschickt- und er fand es super. Dann ging alles ziemlich schnell. Das Album war in wenigen Wochen im Kasten, die Arbeit mit Konrad, Konstantin und mir fühlte sich an, als hätten wir nie etwas anderes gemacht.

  • Fühltest Du Dich zwischenzeitlich wie eine Versagerin? Oder warst niedergeschlagen in den eigenen Fragen, warum Du nicht weiterkommst, wie erhofft, gewollt, gewünscht?

Definitiv. Immer und immer wieder. Ich war auch mehrfach kurz vorm aufgeben. Man darf eben nicht vergessen, dass es in unserem Job um sehr persönliche Dinge geht, somit ist man extrem angreifbar und immer der Wertung und Meinung aller ausgesetzt. Das gehört dazu und das habe ich mir schließlich auch ausgesucht. Ich mach mich quasi seelisch nackig vor fremden Menschen, ich kehre mein Inneres nach außen. Wenn das keinen Platz findet ist das natürlich hart. Aber es gibt dann doch die entscheidenden Momente, die einem scheinbar lautlos zuschreien: „Mach weiter! Du hast noch einiges zu sagen“. Wenn jemand nach meinem Konzert zu mir kommt und sagt, dass die Songs ihn oder sie voll erwischt haben oder in einer gewissen Lebensphase begleiten, was gibt es denn Besseres? Das erfüllt mich zutiefst. Denn das genau will ich ja erreichen. Ich will das schaffen, was bestimmte Musik bei mir selbst schafft: Ich will Menschen berühren, will, dass sie emotional sein können, und zwar in jegliche Richtung, denn unsere Musik und unsere Texte bilden wirkliche eine breite Palette an Emotionen ab. Im besten Fall können die Hörer etwas Entscheidendes mitnehmen für sich, fühlen sich mal ertappt, verstanden, müssen lachen, was auch immer da kommt, das ist mein Antrieb.

  • Nach all dem Städtehüpfen. Wo lebst Du aktuell?

Städtehüpfen passiert hauptsächlich durch Konzerte. Ich komme aus dem Norden, aus der Nähe von Bremen, lebe aber seit 12 Jahren in Mannheim. Ich hätte nie im Leben geglaubt, dass ich nach dem Studium hierbleibe. Aber es ist super. Es hat seine Zeit gebraucht, aber ich mag Mannheim. Diese Stadt ist einfach ehrlich.

  • Frauen im Musikbusiness. Du hast es selbst erlebt, dass es Frauen schwerer haben. Aber, Warum?

Schwer zu sagen. Bisher gab es lange keine richtigen „Vergleichswerte“, wie das immer so schön im Business genannt wird- und das ist etwas, das nach meiner Erfahrung die großen Plattenfirmen leider immer brauchen. Am besten klingst du und machst so ähnliche Mucke wie jemand, der schon sehr erfolgreich ist. Und wenn es eben nicht so viele erfolgreiche vergleichbare Frauen gibt bist du auch nicht interessant. Ein Teufelskreis.

Insgesamt hat sich die Situation stark verbessert. Zumindest was die Aufmerksamkeit angeht und es gibt einige tolle Künstlerinnen die aktuell den Markt aufmischen. Das sind aber meistens „Selfmade-DIY“ Künstlerinnen, die Gas geben. Risikobereitschaft seitens des „Business“ ist verschwindend gering.

Ich könnte mir zudem vorstellen, dass Frauen die krasseren Fans sind und diese sich aber im Schnitt mehr auf männliche Musiker fokussieren. Kann auch völliger Quatsch sein. Schwer zu sagen.

  • Gibt es für Dich eine Künstlerin, zu der Du aufschaust?

Ich bewundere jede Künstlerin, die ihr eigenes Ding macht und sich nicht beirren lässt. Sophie Hunger, zum Beispiel, ist so jemand. Eine starke Frau, die so eine bunte Mischung an musikalischen Einflüssen und verschiedene Sprachen vereint und dadurch immer spannend bleibt.

  • Du bist selbst in eine Musikerfamilie hineingeboren. Wie sieht eigentlich ein Alltag in solch einer kreativen, musikalischen Familie aus? 

Mein Vater war Musiklehrer und hat die Theater- und Musicalarbeit an unserer Schule geleitet. Damit bin ich aufgewachsen, das hat meine komplette Kindheit und Jugend geprägt. Seit ich drei bin stehe ich regelmäßig auf der Bühne. Jedes Jahr eine Premiere, wöchentliche Proben, Tourneen durch die Türkei, Ungarn, Marokko und Tunesien. Also keine normale Schul- AG, sondern schon sehr speziell. Zudem habe ich mit 7 Jahren angefangen Geige zu spielen und habe mir Klavierspielen selbst beigebracht. Ich saß viele Stunden in der Woche einfach am Klavier und habe geklimpert und irgendwann dann angefangen Songs zu schreiben.

  • Nun endlich erscheint Dein Debüt. Es trägt den ungewöhnlichen Titel. „Wann fangen wir an?“ – Was bedeutet es für Dich?

Es wird wohl einer der wichtigsten Meilensteine meines Lebens, auch wenn es theatralisch klingt. Ich wollte das seit Jahren machen. Ich hätte nie geglaubt, dass es so ewig dauern würde. Aber ich weiß heute, dass es die Zeit gebraucht hat- alles andere wäre immer nur ein Kompromiss gewesen.

Ich liebe dieses Album und stehe zu jedem Wort. Es ist extrem persönlich geworden aber ich habe keine Angst deswegen. Eher im Gegenteil: Ich glaube meine Stärke liegt darin, all meine Schwächen und Wunden offen zu legen. Und im besten Fall können sich Menschen damit identifizieren und werden zum Nachdenken angeregt.

  • Was steckt hinter „Wann fangen wir an“? Und welche Sprache wird es sprechen, außer Deiner Eigenen? 

Der Titel passt wie ich finde sehr in unsere Zeit. Wann fangen wir an anzufangen?

Für mich persönlich bedeutet er unter anderem: Mut. Das zu tun, was mein persönlicher Kompass mir sagt und von dem ich glaube, dass es meine Stärken sind. Mut, die zu sein, die ich bin.

Wir alle sollten manchmal mutiger sein, das zu tun, was wir persönlich tun wollen und nicht was andere von uns erwarten. Abzuweichen von der Norm oder dem, was die Gesellschaft einem vorlebt ist wichtiger denn je.

Nicht jeder ist dafür gemacht von 9-17Uhr im Büro zu sitzen, monogam zu leben, viel Geld zu verdienen, man könnte unzählige Beispiele nennen. Natürlich ist das nicht immer möglich und mag naiv klingen, es geht aber eher um ein Mindset. Offen sein und alles nach vorne werfen anstatt sich selbst zu hindern.

Schaffen wir einen gesellschaftlichen Wandel bevor wir abgesoffen oder verbrutzelt sind? Schaffen wir es im Angesicht großer Krisen einen humanen Umgang miteinander zu kultivieren? Das Alles beinhaltet der Titel des Albums.

Welche Sprache wird das Album sprechen außer meiner eigenen? Ich hoffe eine menschliche.

  • Gibt es ein Lied, an dem Du besonders hängst? 

HÖR DIR ZU. Ein Lied für die Angst. Ich habe gelernt, wie sehr die Angst zu einem gehört und dass man sie annehmen muss. Alles andere ist Quatsch. Wenn die Angst kommt will sie dir etwas Wichtiges sagen. Und daher solltest du ihr gut zuhören. Außerdem finde ich da Thema Angst so spannend, weil es uns alle verbindet. Egal welcher Nation wir sind, welcher Religion, welchen Geschlechts- Angst hat jeder Mensch. Also ist es doch auch etwas Positives, vielleicht sogar das einzige Element, das wir alle kennen und das uns alle vereint.

  • Ich freu mich schon sehr auf das Album. Wie wird das Release und somit Dein Debüt gefeiert? 

Das freut mich sehr! Wir starten unsere Tour in Heidelberg, ich denke da lassen wir uns noch ein paarSpecials einfallen und werden das zusammen mit dem Publikum gebührend feiern. Vor allem möchte ich aber eine kleine persönliche Feier mit meinem Team machen. All diejenigen, die so hart und meist umsonst dafür gearbeitet haben.

Vielen lieben Dank für das tolle Interview <3

Ihr Debüt „Wann fangen wir an“erscheint im Frühjahr 2020.

„Ein Pilot“ ist so ein wunderschöner Flug ins Debüt. Aufatmend und Loslassend zugleich, mit einer Portion mutmachender Freiheit und einem festsitzenden Klang! -Female Voices

Alex Mayr live

12.02. Heidelberg // Karlstorbahnhof 

13.02. Wiesbaden // Schlachthof 

14.02. Darmstadt // 806qm

15.02. Koblenz // Kulturfabrik

17.02. Wuppertal // Utopiastadt 

18.02. Hannover // Lux

19.02. Kassel // FranzUlrich 

20.02. Rostock // Helgas Kitchen 

21.02. Hamburg // Nochtwache 

22.02. Greifswald // Boddenhus 

25.02. Berlin // Musik & Frieden 

26.02. Nürnberg // MUZclub

27.02. Augsburg // Soho Stage 

29.02. Stuttgart // clubCANN 

01.03. München // Heppel & Ettlich