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My Ugly Clementine – Vitamin C
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My Ugly Clementine – Vitamin C

Das Cover zeigt die Hand „Gottes“, die der Menschenhand eine Clementine überreichen möchte. Die Erschaffung Adams vermag den von gelb zu rotem Zwischenton in einer Frucht abzugeben. Die Farbe steht für Freude und Reife. Die Lücke zwischen den Fingerspitzen ist als Spannung zu sehen. Und dieses Album, welches von Frauenhänden geschaffen wurde, ist spannend, reif und fruchtig zugleich. Doch kann eine Clementine auch bitter wie süß sein.

My Ugly Clementine ist eine Fügung von vier Damen aus Wien, die ihre Seelen aus anderen Projekten in eine neue Formation vereint haben. Die äußerst talentierten Damen sind: Sophie Lindinger (Leyya), Mira Lu Kovacs (Schmieds Puls, 5K HD), Kathrin Kolleritsch (Kerosin 95) und Nastasja Ronck (Lucid Kid). Diese musikalische Bestimmung sollte wahrscheinlich eines Tages zueinander finden. 

Das Herz der Band ist Sophie Lindinger. Sie ist bekannt durch die Band Leyya. Sie schrieb Songs, die zu dem Elektropop-Duo nicht passten. Daraus resultierte, dass sie sich auf die Suche nach einem passenden Gegenstück, jenseits des Electropop, begab. Um den Songs, die sie bereits geschrieben hatte, ein elegantes Leben einzuhauchen, wurde daraufhin My Ugly Clementine gegründet.

My Ugly Clementine ist keine rotzige oder laute Band wie u.a. das schwedische Electropop-Duo Icona Pop. Obwohl auch diese Band ziemlich gut ist, jedoch in der instrumentalen Ebene aufreizend laut. Da geht es bei My Ugly Clementine gemäßigter zu, ebenso ist die Band eins mit ihren Instrumenten. Auch in der stimmlichen Ebene wird die Lyrik gesanglich vollendet. Jeder Gesang besitzt seinen eigenen Reiz sowie Wert.

„I’ll never be good enough“ steht auf meinen Unterarm geschrieben. Es ist ganz gleich, in welchem Kontext dieser Spruch in meiner Welt auch steht. Es ist eine ernsthafte Aussage und auf viele Sparten des Lebens zuzuschreiben. Dieser Ausspruch hat auch für My Ugly Clementine in ihrem Song „Playground“ eine ernsthafte Bedeutung. „Playground“ ist als Metapher zu verstehen, indem man als Frau geachtet werden möchte. Besonders im Musikbusiness wird die Frau unterschätzt und oftmals nicht ernst genommen.

Unterschätzen sollte man(n) My Ugly Clementine nicht. Ihre Monologe und Dialoge spiegeln wichtige Themen wider, die sie gekonnt in ihrer Musik umsetzen. In „Vitamin C“ werden Themen wie Gleichberechtigung, komplizierte Beziehungen, Selbstbewusstsein und Mut behandelt. Solche Themen werden nicht niedergeschrien, sondern zusammen ausgefochten und durchleuchtet. Es ist so, als würde ich meiner besten Freundin mein Herz ausschütten und den Dialog dazu in Lyrik und Musik einfassen.

My Ugly Clementine hat die Medizin – ein Album namens „Vitamin C“. Das ist das, was wir jetzt für unsere Nerven brauchen, neben Nerven aus Drahtseil.

In dieser peinlich-stupiden Zeit, ausgelöst durch einen Virus, der nicht genannt werden darf. Wo Seife und Hygiene potzblitz großgeschrieben und Toilettenpapier wie Suppendosen gehortet werden wie ein Eichhörnchen seine Haselnüsse im Bau. In einer Zeit, wo Desinfektionsmittel geschnupft und wie Heroin gehandhabt wird. In einem Zeitalter, wo Panikmache, Krisen und politischer Schwachsinn pures Gift für die Nerven sind und der große Absatz an Verblödung, Verdummung und Egoismus herrscht. Wo Kurzarbeit waltet, genauso wie „Vorübergehend Geschlossen.“ und dazu Existenznot droht. In dieser bedrückenden Zeit, wo auch Solidarität herrscht, ist eine Übergehördosis „Vitamin C“ einfach nur Balsam für die Seele! Und My Ugly Clementine gibt euch die volle Dröhnung!

Jedoch nicht nur in jener Zeit, zu dieser Zeit. Nein – überhaupt! Das Gehör braucht „Vitamin C“. In diesem Saft liegt die Kraft; frei nach Falco ist My Ugly Clementine das „Wiener Blut“, die Wiener Glut.

Die vierköpfige Band aus Österreich überzeugt mit ihrem „Vitamin C“ gesanglich, textlich und instrumental. Sie beherrschen ihr Hand-, Schreib- und Mundwerk. My Ugly Clementine braucht das Gehör!