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Anna Loos im Interview
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Interviews

Anna Loos im Interview

Anna Loos ist Schauspielerin, Musikerin und auch Künstlerin mit Leib und Seele – eine Freigeistin mit einem großen Herzen, welches sie freimütig auf der Zunge trägt. Die Musik dient ihr dazu, ihrer Gedanken- und Gefühlswelt Ausdruck zu verleihen. Und darin legt sie gern den Finger direkt in die Wunde. Mit ihrem neuen Werk „Das Leben ist schön“ veröffentlichte sie ein „Das macht Klick“-Album mit AHA-Effekt.

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  • Zuerst: Herzlichen Glückwunsch zu diesem Meisterwerk des „Klicks“, des AHA-Effektes. Das Album regt zum Nachdenken an, holt einen ab und bringt einen weiter. – Zumindest war es bei mir so. Sie haben Ihr neues Werk „Das Leben ist schön“ getauft. Obwohl das Leben oftmals nicht so schön ist, mit all den Höhen und Tiefen, der „Regenwahrscheinlichkeit, mit „Mauern“, „Sturmpiloten“ und (Mienen)- „Feldern“, dass es beinhaltet, dennoch und vielleicht auch deswegen gaben Sie Ihrem Album einen positiven Sinn-Titel. „Hunderttausend Farben“ wäre auch passend gewesen… Doch was war Ihre innere Eingebung, das Album „Das Leben ist schön“ zu taufen.

Für mich gehören nicht nur die Zeiten, in denen ich in einer rosaroten Zuckerwatte-Wolke schwebe zum Leben, sondern die Stolpersteine, die Probleme und kleinen stinkenden Kack-Haufen, die sich in unsere Wege schieben. Sie stoppen den geplanten Ablauf und zwingen uns dazu umzudenken, neu zu denken, sie bringen uns an unsere Grenzen, erzeugen Reibung und bringen uns am Ende dazu uns weiterzuentwickeln. Früher habe ich mich gefragt, warum jetzt, warum ich, wenn sich so ein Stein in meinen Weg gelegt hat. Heute sind diese Steine eher meine Freunde und wenn ich auf sie treffe, trete ich zwei Schritte zurück, heiße sie willkommen und frage mich, was für eine Lektion willst Du mir also beibringen? Alles gehört zum Leben dazu.

  • Das Album zeigt auf, was Ihre Seele erzählt, die Angelegenheiten erklärt. Nichts wurde zurückgehalten. Dazumal Sie ein musikalisches Seelenkostüm abgelegt haben, das wohl nach Veröffentlichung jeder tragen mag, wer möchte. Sie präsentieren sich pur, zerbrechlich und mutig. Wie empfinden Sie Ihr Album, nachdem es vollendet ist und nun in die Welt ziehen darf?

Ich bin zufrieden, wir – Mic Schröder mein Produzent und Freund und ich – haben drei Jahre an dem Album gearbeitet. Wir haben es uns nicht immer leicht gemacht, diskutiert, ausprobiert und auch so manche Entscheidung wieder in Frage gestellt. Aber irgendwann war dieser Prozess abgeschlossen und so, wie ihr es jetzt hört, fanden wir es dann eben am Ende gut. Daher freue ich mich jetzt sehr, dass das Album endlich die Leute erreicht.

  • „Das Leben ist schön“ ist von sensitiver Gestaltung bis hin zur Dramatik eines ausbrechenden Sturmes, der durchaus auch wohltuend sein kann. Ich frage mich, wie viele Tränen Sie vergossen haben, um die dazugehörigen Zeilen aufs Blatt Papier zu bringen, die beweinten wie auch die des Glücks?

Naja, ich bin nicht so der Typ, der vor lauter Rührung des Glücks Tränen vergießt. Ich habe ein paar meiner persönlichen Geschichten genommen und sie zu Songs komprimiert. Bei diesem Prozess schreibe ich die Geschichten zu Kurzgeschichten runter, dann begebe ich mich in einen Perspektiv-Wechsel und schreibe die Geschichten quasi aus allen möglichen anderen Perspektiven auf und entscheide mich dafür aus welcher Perspektive ich erzähle – muss am Ende gar nicht unbedingt meine sein.  Wenn ich das habe, komprimiere ich die Geschichte zu den Songtexten. Dann ziehe ich meine eigne wieder etwas raus und arbeite das Gefühl, was getriggert wurde raus, denn es ist genau das, wo alle Zuhörer oder Zuhörerinnen sich mit ihren Geschichten anschließen können. Wenn viel von meiner Geschichte übrig ist, ist nicht genug Platz für ihre, daher arbeite ich stark daran diese zurückzufahren.

  • Ich mag „Hunderttausend Farben“ sehr gerne; eine leuchtende Farbe zu sein, die einen nach Hause bringt. Welche Leuchtkraft sendet Ihre Farbe?

Ich bin glaube ich ein helles warm, weißes Licht ab und zu auch bunt.

  • In „Felder“ stellen Sie Ihrem Gegenüber viele Fragen. Bekamen Ihre Fragen die nötigen Antworten? Doch wie würden Sie die Frage „Wie füllst du deine Leere?“ selbst beantworten?

Ich spüre selten eine Leere in mir. Wenn das der Fall ist, ist meistens irgendetwas schiefgelaufen und ich versuche dann dem in Ruhe auf den Grund zu gehen. Ich habe aufgehört die anderen für mein Glück verantwortlich zu machen und weiß mittlerweile, nur ich allein bin dafür zuständig. Es gibt in der Arbeit an jedem Song andere Herausforderungen. Ich versuche am Ende mir selbst immer zu 100% das hinzustellen, was ich gesucht habe für eine Nummer. Das gelingt natürlich nicht immer und bis 5% Abstriche nehme ich auch in Kauf, nicht alles ist machbar.

Aber bzw. bei der Nummer „Schatten“, haben wir viel gesprochen und auch verschiedene Dinge ausprobiert. Ich wollte die Nummer für die Platte, um einen starken Akzent zu setzen, klarzumachen, dass nicht nur rosarote Zuckerwatte mein Leben bestimmt. Der Weg, bis wir die Nummer fertig hatten war sehr spannend. Dabei bin jetzt so glücklich, dass wir es zu 100% geschafft haben, meinem Ideal gerecht zu werden, und darauf bin ich sehr stolz.

Foto: Olaf Heine
  • In „Alles in uns brennt“ brennt das Feuer des Ausbruchs. Das Lied ist wahrlich ein Appell gegen die Verschrottung unserer wertvollen Zeit, die manch einer nicht nutzt, nichts draus macht. Arbeiten, zuhause, Couch, Keller, blödes Gelaber. – Es widert mich so an. Darum lieb ich diesen Song. Ich bin ein freier Vogel, muss raus, kann nicht eingesperrt sein. Unser Dasein bietet so viel, so viel gibt es zu erkunden, so viel Schönes zu sehen, zu fühlen. Ach, ich versteh es selber nicht und ja, es stört mich, wenn jemand einem stupiden Dasein fristet, vor sich hinvegetiert. Was gab Ihnen die Inspiration, solch einen Song zu schreiben?

Naja, … wir alle haben für viele Dinge die Verantwortung zu übernehmen, wir schwimmen gegen den Strom des Alltags an und versuchen dabei nicht unterzugehen. Es ist normal, dass man ab und zu vergisst wer man eigentlich sein möchte und in den Aufgaben des Lebens verloren geht. Dieses Lied soll eher eine kleine Erinnerung sein oder ein Weckruf, sich mal im Spiegel anzuschauen und genau das zu tun, was man selbst möchte und der Mensch in seiner besten Version zu sein, der man selbst sein möchte.

  • Mit welchen Ihrer beeindruckenden Songs hatten Sie Ihre größten Schwierigkeiten? Ich vermute es ist „Letzte Chance“? – Denn unter null gefriert jede Träne… inhaltlich ist der Song so unglaublich ehrlich, bitterlich ehrlich.

Wie gesagt, bei jedem Song wartet irgendwie eine andere Aufgabe. Es ist immer ein Weg, aber es macht immer auch großen Spaß den zurückzulegen.

  • Für mich ist es schwierig einen Favoriten zu finden. In jedem Stück steckt Leben, Vielfalt, Ergründung, Ehrlichkeit, der „Klick“. Ich liebe „Mauern“, „Letzte Chance“, „Alles in uns brennt“ – Songs des Aus- und Aufbruchs. Doch gib es einen Song, den Sie sehr lieben?

Ich bin sehr glücklich, dass ich, dank meiner Plattenfirma BMG, auch hier wieder ein ganzes Album erarbeiten konnte. Ich weiß nicht, wie ich mich fühlen würde, wenn ich nur einen einzelnen Song herausbringen könnte, auf dem dann alles schaut, bzw. hört. Für mich ist ein Album eine Art Epoche, die quasi auch für eine gewisse Zeit meines Lebens als Künstlerin steht. Da gibt es so viele verschiedene Themen, die ich auch gern draufhaben möchte, und daher macht es bei mir die Mischung aus allen Songs.

  • Bei Ihren beruflichen Tätigkeiten, wie auch Ihrem privaten Leben, wie schwierig ist es manchmal die eigene Mitte zu finden, den strukturierten wie auch fokussierten Kopf zu erfrischen? Oder brechen Sie auch mal aus und tanzen wie in dem Video zu „Mauern“?

Ja klar, ich breche aus und auf. Aber ich habe auch Hilfsmittel entdeckt, wie bzw. die Meditation, oder Yoga oder auch einfach nur Sport. Ich weiß heute, wenn ich das Gefühl habe Bodenhaftung zu verlieren, wie ich mich wieder erden kann. Und bin an meinen Themen dran.

  • Was ist das Album für Sie? – Ein vertontes Tagebuch? Ein Aufarbeiten? Eine Bestimmung?

Ganz so einfach lässt es sich nicht beschreiben. In den Songtexten setze ich mich mit der Welt auseinander, natürlich schreibe ich für ein Album nicht einfach Begebenheiten aus meinem Leben auf. Ich schau auf die Welt und natürlich mach ich das zuallererst einmal aus meiner Position, aber ich schau drauf und versuche mich dann gestalterisch all den Themen zu nähern die mich selbst interessieren oder berühren.

  • Das Album beinhaltet eine Sammlung musikalischer Sachlektüre für Menschen, die sich in (u.a. komplizierten) Beziehungen, Ehen oder im Leben befinden. Die Songs beschreiben auch Ihre Seiten des Lebens. Das ist heraushörbar. Was macht es eigentlich mit Ihnen, wenn die Presse die dunklen Wolken über Ihrer Ehe auswringen wie Waschlappen?

Mit Presse meinen Sie in dem Fall die Yellow-Presse, für die ich mich noch nie interessiert habe. Wir sind Personen, die in gewisser Weise in der Öffentlichkeit als eine Art Gemeinschaftseigentum betrachtet werden, da wir in unseren Berufen natürlich mit der Öffentlichkeit arbeiten. Aber privat sind wir ja Menschen, die eigentlich in der Öffentlichkeit gar nicht bekannt sind. Sie bzw. wissen nicht wirklich, was ich privat für ein Mensch bin und das ist auch gut so, das schütze ich und bewahre es mir. Alles andere ist ungesund.

***Ja, die meinte ich…

  • Aufgrund ihrer Schaffenskraft, welche Melodie ist für Sie die schönste der Welt?

Das kann ich nicht sagen. Ich würde wahrscheinlich an jedem Tag im Jahr eine andere nennen. Welche Musik mich erreicht, hat doch auch mit meiner jeweiligen Verfassung zu tun.

  • Werden Sie eines schönen Tages ihren „Werkzeugkasten“ einpacken und „das Leben ist schön“ betouren?

Ja, wir spielen im September eine Clubtour, auf die wir uns jetzt alle schon riesig freuen.

„Das Leben ist schön“ – Tour

15.09.23    Hamburg, Fabrik
16.09.23    Leipzig, Haus Leipzig
17.09.23    Bad Elster, König Albert Theater
19.09.23    Berlin, Columbia Theater
21.09.23    Erfurt, Alte Oper
22.09.23    Köln, Kantine

Tickets: https://www.eventim.de/artist/anna-loos/anna-loos-tour-2023-2935465/

  • Eine letzte Frage habe ich noch, da ich Leserättin bin: Sie gehen mit Ihrem Mann auf eine erlesene Tour. Da ich diese Reihe nicht kenne, so würde ich gerne näheres erfahren wollen, welche erlesene Wahl Sie getroffen haben etc., – auf was ich mich freuen darf, wenn ich mir ein Ticket dafür kaufe?

Ich denke Bücher hatten und haben wir mich immer schon einen besonderen Reiz gehabt, weil sie ein Medium sind, in das man sich vertiefen kann und das gleichzeitig Entspannung und Spannung bedeutet. Eigentlich ja, paradox. Wir werden aus einem ganz tollen Stück lesen, das eigentlich gar kein Roman ist, sondern ein Hörspiel.

Jan Josef und ich arbeiten gerade an einem ersten eigenen Serienkonzept. Dafür haben wir gemeinsam eine Szene geschrieben, bei der ein Paar bei einem Therapeuten sitzt. Die Szene hat uns richtig gut gefallen. Wir haben jede Menge gelacht als wir sie geschrieben haben und dann wiederum an dieses Stück gedacht und daran, dass es eine tolle Idee ist, daraus mal anderen etwas vorzulesen.

Tickets: https://www.eventim.de/artist/anna-loos/erlesene-literatur-mit-anna-loos-und-jan-josef-liefers-3385893/

Herzlichen Dank für das Interview.


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Fotos: Olaf Heine