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Bowie, Kiki Rockwell, Liv Alma, Nina Hagen
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Various Diamonds

Bowie, Kiki Rockwell, Liv Alma, Nina Hagen

Bowie – XO & Pale

Unter dem Bowie-Stern leuchtet die äußerst talentierte Vivi Ann, die 2019 das meisterliche Album „When The Harbour Becomes The Sea“ und im Jahre 2016 das Album „Flowers & Tigers“ veröffentlichte.

Über ihre Namensänderung erzählte sie auf ihren Kanälen: „Als ich ein kleines Kind war, nannte mich mein Vater immer „Bowie“, wenn ich mit einem Lotionstubenmikrofon in der Hand in unserem Wohnzimmer auftrat und mir die Seele aus dem Leib sang und tanzte. Damals hatte ich keine Ahnung, warum er mich so nannte. Aber später erzählte er mir, dass ich ihn immer an einen Künstler erinnerte, der berühmt war für seine Leidenschaft für seine Kunst, seinen Mut, seine Kunst auf unabhängige, selbstbestimmte Weise zu leben, seinen Freigeist, der sich immer weiterentwickelt und neu erfindet. Als ich anfing, mehr über diesen Künstler herauszufinden, war ich so berührt – aber auch ermutigt –, dass mein Vater in der Art, wie ich meine Liebe und Leidenschaft für meine Kunst lebe, etwas sah, das ihn an David erinnerte. Wenn ich also diesen Namen höre, denke ich an den reinsten, freiesten und unbelastesten Geisteszustand, den ich je erreichen konnte. Aber als unabhängige Künstlerin und vor allem als junge Frau – die nicht nur Musikerin ist, sondern auch Teil einer von Männern dominierten, die Scheinwirklichkeit unterstützenden Branche, die hauptsächlich an Zahlen und Geld interessiert ist – vergesse ich dieses Gefühl manchmal. Wenn mich also der Name ‚Bowie‘ daran erinnert, warum sollte ich ihn dann nicht tragen?“ (***Ja, warum auch nicht!)

Doch war sie allein in Los Angeles, völlig desillusioniert, enttäuscht von der Musikbranche und kurz davor stehend alles hinzuschmeißen. Ihr wurde bewusst, welchem Druck sie als junge, weibliche Selfmade Indie-Künstlerin ausgesetzt ist. Sie war von den Erwartungen deutlich älterer, männlicher A&Rs und Manager getrieben, die ihr erklärten, wie die Welt funktioniert. Dazu wurde sie in veraltete, eindimensionale Rollenbilder gesteckt, mit denen sie sich nie identifizieren wollte.

XO

Umso mehr wurde „XO“ für Bowie zu einem kleinen Meilenstein. Dazu erzählt sie: „‚XO‘ habe ich für mich selbst geschrieben, der Song ist ein Versprechen an mich und gehört mir ganz allein.“ Die Single greift dementsprechend nach einem Stückchen Selbstliebe, oder zumindest Selbst-Akzeptanz, die so vielen bis an ihr Lebensende verwehrt bleiben und die wir alle so sehr verdient hätten.

Die erste Singleauskopplung, der am 25. November 2022 erscheinenden Debut-EP „The Upside Down“, ist ein Befreiungsschlag, eine Kampfansage an unser krankes Frauenbild und verklärte Schönheitsideale. Der Pop-Song stößt an die Grenzen des Genres und hat ziemlich viel Power, vor allem wenn sie im Outro den jahrelang angestauten Frust herausschreit.

Synth-Flächen und Noise-Teppiche tragen ihren Gesang in ihre ganz persönliche Schlacht, in der sie sich die Liebe zu sich selbst zurückerobert und sich endgültig von alten Ängsten und Selbstzweifeln befreit.

Pale

In „Pale“ geht es um Vorurteile. Darum, dass Leute – aufgrund anerzogener Klischees und Stereotypen – andere wegen ihres Aussehens, ihrer Herkunft, oder individuellen Lebensweise, be- und verurteilen. Eine oberflächliche Welt, in der Individualität erstickt wird durch das permanente Kategorisieren und Einordnen von Menschen in Schubladen. „Pale“ handelt von dem längst überfälligen Loslassen von Voreingenommenheit und davon, welche Überraschungen auf uns warten, wenn wir es schaffen, Individualität zuzulassen.

Wissenswertes:

  • Wie all ihre Songs, stammen auch „XO“ sowie „Pale“ aus ihrer eigenen Feder, wurde mit NAKED CAT (106Hz Studios, Hamburg) produziert und von Grammy-Gewinner Ryan Gilligan (Los Angeles) gemixt. Der Song macht Schluss mit Kompromissen, Schluss mit leise sein, Schluss mit Wegschauen und Ja-Sagen, Nichts-Sagen zu einem sexistischen Kommentar, Weg-Lächeln von frauenverachtenden Witzen.

„Ich kann mich nicht daran erinnern, über einen längeren Zeitraum mal keine Diät gemacht zu haben und das seit meiner Kindheit. Das ist so absurd! Es brauchte erst eine Therapie, um mir einzugestehen, wie wenig ich mich liebe und akzeptiere, so wie ich bin. Und dann habe ich eines Tages die Reißleine gezogen und gesagt – das hört jetzt auf.  Ich weiß, dass ich damit nicht alleine bin und hoffe, dass der Song andere ermutigt, sich gegen den von unserer Gesellschaft gefütterten Selbsthass zu wehren.“

 Wertvolle Links:

Foto: Julius Trautvetter

*** Das Album ( „The Upside Down“ – 25.11.2022) MUSS ich haben! 


Kiki Rockwell – Cup Runneth Over

Filme wie The Northman und Herr der Ringe spielen in Kiki Rockwells Kreationen eine tragende Rolle. Die Game-of-Thrones-Episode „The Battle of the Bastards“ hat sie zu ihrem neuesten Musikvideo „Cup Runneth Over“, welches im September veröffentlicht wurde, inspiriert.

Das Video zum Song erzählt über eine romantische Tragödie im Shakespeare-Stil, die in mittelalterlicher Umgebung spielt. Hierbei wollten Kiki Rockwell und Regisseurin Oshara Ardelean eine Welt wie in einem Film erschaffen, indem Kiki die maskuline Hauptrolle spielt, die mit der verheirateten Königin eine Affäre beginnt. Für die Rolle im Video erlernte sie monatelang die Stunts sowie das Schwert zu führen und eine bessere Reiterin zu werden.

Ihre Musik zeugt einen Tribut an die Frauenwelt, die u.a. ihr Leben in Hexenprozessen gelassen haben, aber auch Frauen, die Kiki Rockwell Songs aufleben lassen. Dazu besitzen ihre Kompositionen eine mystische Kraft, die voller Zauber ist. Zwischen mittelalterlichen Sphären und Dystopien wandelt ihr musikalisches Geschick.

Kiki Rockwell wurde im amerikanischen San Francisco geboren und wuchs im deutschen Bonn sowie im neuseeländischen Auckland auf. Als Kind erlernte sie das Klavierspiel und als ausgebildete Kostümbildnerin und als Cosplayerin kann sie sich umso mehr in ihrer Performance austoben.

Wissenswertes:

  • Ihre Debüt-EP „Bleeding Out In A Forest” wurde im November 2021 veröffentlicht

Wertvolle Links:

Foto: Geklaut von viva.co.nz, weil ich nichts gefunden habe. – Sorry! <3 


Liv Alma – Peeling

Aufgewachsen in Rüsselsheim in Hessen, kam Johanna Klein bereits in frühen Jahren in Kontakt mit verschiedenen Instrumenten. Sie lernte zunächst klassisches Klavier, später widmete sie sich dem Saxofon und der Jazzmusik und Improvisation, was sie durch das Studium an der Hochschule für Musik und Tanz Köln vertieften konnte. Gitarre und Gesang spielten bislang eine untergeordnete Rolle, im Lockdown und einer einmonatigen Quarantäne entstanden dann erste Songskizzen und Ideen, die schließlich zur Gründung des Pop-Projektes LIV ALMA führten. Zusammen mit dem Kölner Schlagzeuger Jan Philipp produziert Johanna die neuen Stücke, die sich zwischen Pop, Noise und Leftfield bewegen.

Nun veröffentlichte die Musikerin unter ihrem Alter-Ego Liv Alma ihre neueste Single “Peeling”. Der Song ist ein knatternder, experimenteller Popsong mit einem Klangteppich aus wummernden Synthies und elektronischen Beats, durch den sich Johanna Kleins Stimme im Kontrast ganz sanft ihren Weg bahnt. Dicht, beklemmend und fremdartig rumpeln die Sounds dahin und verleihen der eher düsteren Musik eine gewisse Verspieltheit. Der Song suggeriert dabei eine ungewohnte Perspektive, die gleichzeitig unheimlich und doch sinnlich natürlich ist.

Liv Alma erzählt über ihren neuen Song: “Der Song behandelt die Anstrengung des sich Befreiens von Dingen und Leuten, die einem nicht guttun und trotzdem sehr nahestehen. So nahe wie eine zweite Haut, die man ja auch nicht einfach so ablegen kann.”

Wissenswertes:

  • Liv Alma Debütalbum soll im Frühjahr 2023 erscheinen
  • Liv Alma spielt am 30.11.2022 im Noch Besser Leben in Leipzig

Wertvolle Links:

Foto: Niclas Weber


Nina Hagen – 16 Tons

Nina Hagen ist DIE schönste und schrillste Brandstifterin zwischen Punk und Pop, Ost und West und Outta Space, das Deutschland je hervorgebracht hat. Doch gibt es viele Ninas. Zahlreiche Versionen und Inkarnationen, Bilder, Momente, Stimmen und Songs. So viele Gesichter mit aufgerissenem Mund. Gesichter aus mittlerweile fünf Jahrzehnten. Wie im Video zu ihrer neuen Single „16 Tons“.

Nina Hagen ist Unique, eine Legende, Punk-Rock-Godmother, Aktivistin, Kunstfigur, Performance-Maschine, Jesusjüngerin, extraterrestrische Abgesandte und Brecht-Kennerin. Nina ist Anfang und Ende. Mauern einschlagen und neu anfangen. Weitermachen und nie still sein. Nina ist Viele. Und doch kann es sie nur einmal geben. The woman who fell to earth. NINA HAGEN ist unkopierbar. – Fakt!

Am 09. Dezember 2022 veröffentlicht Nina Hagen ihr neues Album „Unity“ und mit der ersten Single-Auskopplung „16 Tons“ hat sie sich schweres Gewicht aufgeladen: „You load 16 tons, what do you get? / Another day older and deeper in debt”.

Der Song ist ihre Version des alten, amerikanischen Folk-Klassikers über das von Knochenarbeit und existenzieller Bedrängnis geformte Leben der Bergarbeiter von Kentucky. Nina Hagen singt von diesem ausweglosen Alltag – „muscle and blood and skin and bones“ – mit ihrer gebieterisch tiefen und dunkel vibrierenden Stimme. Ein für das Jahr 2022 geupdateter Western-Twang, aufgenommen mit viel erratischen Hall, unbeirrt voranschreitenden Groove und wüstentrockenen E-Gitarren.

„16 Tons“ holt die tonnenschwere, dreck- und rußverschmierte Bergarbeiter-Sozialkritik von 1947 hinüber ins Jahr 2022. Dieses Lied hat auf Nina Hagen gewartet, die seinen teilweise gespenstisch aktuellen Zeilen die Gravitas einer Jahrhundert-Echokammer verleiht.

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Foto: GABO