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Premiere: Koschka – Tiefes Leid
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Premieren

Premiere: Koschka – Tiefes Leid

Koschka alias Edita Karkoschka ist eine deutsch-polnische Pop-Noir Sängerin, Komponistin und Musikproduzentin, die in Berlin ansässig ist. Nachdem sie bis 2019 die Leadsängerin der deutsch-niederländischen Indie-Pop-Band NAUSICA war, entschied Edita sich im Jahre 2020 vollkommen ihrem Soloprojekt KOSCHKA zu widmen. Nunmehr bereitet die Singer-Songwriterin ihr Solo-Debütalbum vor, welches 2023 veröffentlicht werden soll.

Obwohl sie keine klassisch ausgebildete Musikerin ist, fesselt Koschka mit ihrer Ergriffenheit, Intimität und den sanften Klängen ihres gedämpften Klaviers. Sie arbeitet äußerst intuitiv, um ihre klassischen Interessen mit ihrer Liebe zu PJ Harvey und ihren eigenen Experimenten zu verbinden, um etwas erglimmen zu lassen, dass das Genre leicht sprengen mag. Dabei ist sie wie eine Seiltänzerin, die ein zerbrechliches Lied unter der Klangverzerrung ihres Keyboards singt.

Demgemäß zelebriert ihr Vorbote „Tiefes Leid“ das tiefe Dunkel des menschlichen Daseins. Das Lied, im Original von Franz Schubert aus dem Jahre 1826, scheint so aktuell wie nie. „Tiefes Leid“ kommt lässig daher. Bei Koschka ist es die Durchlässigkeit, die diesem Text die nötige Schwerelosigkeit verleiht.

Flirrend und im Schutze ihrer eigenen Geschwindigkeit, beginnt das Lied in einem Rhythmus, der die taktgebende Vergangenheit hinter sich lässt und beim Zuhörer eine Art Rastlosigkeit aber gleichzeitige Entschleunigung entfacht.

Unter der kühlen und sanften Stimme von Koschka scheint der Text herzzerreißend in unsere Zeit zu finden, gewinnt in jeder Sekunde an Dringlichkeit, bevor er schließlich in einer Überfülle von Klang zu entschwinden scheint. Ihre Interpretation dieses fast Zweijahrhundert alten Klassikers der Romantik trifft genau den Ton unserer Zeit. Wie ein Schmetterling, oder je nach Betrachtung auch ein Nachtfalter, umschwirrt eine trauernde und doch gleichzeitige Fröhlichkeit den Text und haucht ihm ganz neues Leben ein.

Es zählt das Leben, wenn man traurig ist. Wie tanzt man mit ihm, wenn es gut läuft? „Tiefes Leid“ ist wunderbar leichtfüßig und am Ende klingt dieser Song fast so, als würde man von einem Raumschiff verschluckt, das Instrument heißt. Wie ein wunderschöner Tinnitus verschmilzt die Zeit, im Klangteppich eines alten, italienischen Synthesizers.

Was sie zu dem Song bewegte, ihre eigene Adaption zu kreieren, erzählt Koschka: „Ich habe vor einigen Jahren viele deutsche Lieder quasi durchforstet. Damals wohnte ich noch in den Niederlanden und vermisste die deutsche Sprache, die gewisse Ernsthaftigkeit, die Grenzenlosigkeit, die die Sprache bietet. Dadurch bin ich auf diesen – für mich – „zeitlosen“ Juwel gestoßen. Es ist für jeden zugänglich, frei von Beurteilung, frei um den Freiheitswillen. Das muss es auch, finde ich, wenn man sich seiner Seele widmet, so düster, so schön. Und manchmal im Leben so nah,- so wahr, so wirklich.

Warum ich dann eine eigene Version draus gemacht habe? Eigentlich entdecke ich mich da selber immer wieder wie ein Maler in einem „Mal“- Prozess. Ich fange an ein Bild zu malen, weiß gar nicht warum, aber ich weiß, es wird wirklich gut. Wirklich gut 😉 Und dann entstehen Schichten über Schichten, Geschichten über Geschichten und es vergehen auch mal gute fünf Jahre im Entstehungsprozess. Das Lied wurde meins, jetzt ist es Eures.“

Und hier ist es:


Wissenswertes:

  • Das selbstproduzierte Debütalbum wurde von Markus Abendroth und Peter Thomas in Berlin aufgenommen und gemischt und von Emily Lazar und Chris Allwood (u.a. Paul McCartney, David Bowie) in New York gemastert
  • Es sind verschiedene Berliner Musiker beteiligt und enthält eine Kombination aus eigenen Songs auf Englisch und Neu-Arrangements klassischer Deutscher Lieder von Komponisten wie Franz Schubert und Robert Schumann
  • Das Release-Konzert für Berlin ist voraussichtlich im Mai bzw. Juni 2023 geplant

Wertvoller Link:

Titelbild: Tom Roelofs